Home

Paranormal.de

 

 

   

 

Special: Ablauf eines Hexenprozesses (externer Link - neues Fenster!)

Special: Ablauf IHRES Hexenprozesses (externer Link - neues Fenster!)

 

..
Die Herkunft des Wortes "Hexe"

 

Im römischen Reich benutzte man folgende Bezeichnungen für real existierende Frauen:

 
venefica = Giftmischerin (h)erbaria = Kräuterkundige
saga = weise Frau obstetrix = Hebamme
malefica = Schadenszauberin maga = evtl. die Magierin

 

Weibliche Dämonen, Wesen der Vorstellungskraft nannte man:
larva = ein Dämon, den man nicht sofort erkennen kann
masca = versteckter Dämon, vielleicht ein Totengeist
lamia = weiblicher Dämon, der auf Mütter neidisch ist, die gesunde Kinder haben
striga = eulenartiges Nachtwesen
strega = Streicherin

 

Im frühen Mittelalter wurden die Germanen im Norden und die Kelten im Süden gewaltsam christianisiert. So vermischten sich die alten römischen Vorstellungen von schadenszaubernden Frauen und weiblichen Dämonen, mit denen der Germanen und Kelten über kräuterkundige und oft verehrte weise Frauen oder Priesterinnen. Diese vermischten Bilder blieben das Mittelalter über lebendig, bis dann die Christen mehr und mehr die alten Götter und Göttinnen "verteufelten" und damit nur die negativen Begriffe der Schadenszauberei aus dem Alten Rom übernahmen.

 

In dem Wort "Hexe" ist die "haghetisse", die Eidechse, wiederzuerkennen und die "hagidisi", die Hain-Jungfrau. Auch "hagazussa", die Zaunreiterin, die in der realen und der jenseitigen Welt zu Hause ist. Ab dem 15. Jahrhundert hat sich das Wort "Hexe" dann von Süden nach Norden durch die Hexenprozesse ausgeweitet. Das Wort war der Sammelbegriff für schadenszaubernde Frauen, die einen Pakt mit dem Teufel schließen um Böses zu tun, die Ernte zu verderben, das Vieh zu schädigen, Zwietracht zu säen, Menschen krank zu hexen, Kinder zu töten und Ähnliches mehr.

 

 

Heilkundige Frauen, Heilige und Hexen, Hexenverfolgung und deren Bedeutung für die Pflege

 

Da die Betroffenen nicht zu Wort kommen konnten, ist Folgendes aus der Sicht ihrer Verfolger oder sonstiger, mehr oder minder beteiligten Personen beschrieben:

 

In der mittelalterlichen Heilkunde waren Frauen Wundärzte und Heilkundige. Sie waren vor allem in der Geburtshilfe und in der Frauenheilkunde tätig. Das Heilwissen bestand aus der überlieferten Volksmedizin, die durch Erfahrung und Experiment weiterentwickelt wurde und dem natürlichen Umgang mit magischen Kräften in der Natur. Dieses Wissen umfasste Körperbau, Kräuter und Drogen, Herstellung von Arzneien und schließlich die Magie.

 

Diese Frauen kannten sich in der Geburtshilfe aus, einschließlich der Schmerzmittel, der Abtreibungs- und Verhütungsmittel, der Beobachtungen von Muttermundveränderungen und Zyklusstörungen, der Diagnose schwieriger Kindslagen im Mutterleib und deren Behebung durch verschiedene kleine Operationen wie den Dammschnitt. Aber auch der Kaiserschnitt fand zu Zeiten der Wundärztinnen und heilkundigen Frauen seine Anwendung.

 

Heilkundige Frauen, "weise Frauen" und Hebammen standen bei der Bevölkerung in hohem Ansehen. Die damaligen "Ärzte" dagegen hatten ein sehr geringes Ansehen beim Volk. Ihr Wissen über den Körper der Frau war um Vieles geringer, als das der weisen Frauen, weil die Kirche den Männern die allzu intensive Beschäftigung mit dem Körper der Frau strikt untersagte.

 

Im 13. Jahrhundert, ein Jahrhundert vor Beginn des "Hexenwahns" setzte sich die europäische Heilkunde als Beruf durch. Nachdem dieser jetzt ein Universitätsstudium voraussetzte, konnten Frauen aus dem öffentlichen-gesellschaftlichen Leben verdrängt werden, z.B. durch Verweigerung der Zulassung zu den Universitäten. Außerdem wurden Lizenzgesetze geschaffen, die nur den männlichen Ärzten die Praxis gestatteten. Diese Gesetze konnten aber nicht konsequent eingehalten werden, aber sie genügten um die heilkundigen Frauen zu verfolgen. Der Höhepunkt der Verdrängung zeigt sich in den Verfolgungen der so genannten Hexen und Kurpfuscherinnen. Die Verfolgungen wurden aufgrund zweier Behauptungen durchgeführt:

 

1. Massenhysterie: Massenhass und Massenpaniken sollten unterbunden werden.

 

2. Hexen sollten geistesgestört sein: In diesem Gedanken liegt der Ursprung der Entstehung der ersten Irrenhäuser zur Zeit des Endes der Verfolgungen. Die Irrenhäuser lösten demnach die Verfolgungen ab.

 

Die Justizprozesse zu Zeiten der Verfolgungen waren wohlorganisiert und gesetzlich geregelt. Sie wurden meist von Priestern, Richtern und Ärzten gestaltet und die Kosten wurden entweder von Gerichtsherrschaften, den Angeklagten selbst, von deren Familien oder durch Beschlagnahmung deren Güter bestritten. Von "Überschüssen" wurden manchmal Gelder für wohltätige Zwecke verwendet.

 

Ärzte wirkten in den Prozessen als medizinische Gutachter mit, weil sie von der geistlichen und weltlichen Oberschicht die Macht bekamen, zu beurteilen, was Hexenwerk und was Krankheit war. Es wurde gerichtet nach dem Motto: Was ein Arzt nicht heilen kann, muss Hexenwerk sein.

 

Im 14. Jahrhundert erklärte die Kirche, dass eine Frau, die sich anmaße, zu heilen ohne studiert zu haben, eine Hexe sei und darum sterben müsse. Die damalige Kirchendoktrin besagte, dass Heilen generell von Übel sei und also nur vom Teufel kommen könne, es sei denn, die Kirche heile selbst, oder die männlichen Ärzte heilten unter den wachsamen Augen der Kirche. Die Frauen wurden, falls sie denn heilten, der Ketzerei angeklagt, weil sie sich der Magie bedienten, doch benutzte die Kirche selbst Magie in ihren Gottesdiensten, z.B. geweihtes Salz gegen Dämonen, oder Ablasszettel, ihr gelang es aber, ihre Magie als Religion darzustellen.

 

In den Hexenprozessen wurde 3 Jahrhunderte lang der "Hexenhammer", (zuvor genannt Malleus Maleficarum = Unholdin), benutzt. Es war ein Buch, das 1484 von den dominikanischen Inquisitoren und "geliebten Söhnen" von Papst Innozenz VIII (Innozenz = Unschuld) verfasst wurde. Als sadistisches, und im wahrsten Sinne frauenfeindliches Buch waren darin unter Anderem Angaben über die Erkennung der Hexe durch das Teufelsmal, detaillierte Anleitungen für die Anwendungen der Folter zum Erzwingen von Geständnissen und weiteren Anschuldigungen, "Besagungen", als auch die Arten der Ausrottung verzeichnet.

 

Im Laufe eines Prozesses wurde die/der Angeklagte entkleidet und das Körperhaar entfernt, danach der Folter durch Daumen- und/oder Beinschrauben, dem rückwärtigen Aufzug an den auf dem Rücken gefesselten Händen, der Streckbank, den Dornen und den knochenbrechenden Spanischen Stiefeln, Hunger und Schlägen überantwortet. Es wurden zu Bestätigung der Hexenschaft auch verschiedene Proben angewandt: die Feuerprobe, die Lichtprobe, die Wasserprobe, die Hexenwaage, das Hexenmal, die Tränenprobe... (textliche Ausführung?) Als Hauptanklagepunkte tauchen in der Hexengeschichte immer wieder auf:

 

1. Teufelspakt (unter Abschwörung Gottes)

 

2. Teufelsbuhlschaft (Sexualverbrechen gegen Männer)

 

3. Schadenszauber (durch Magie bei Personen, Tieren, Pflanzen, Wetter etc.)

 

4. Teilnahme am Hexensabbat (Organisation)

 

 

So stellte man sich den Hexensabbat vor: Verfluchung Gottes, Begrüßung des Teufels durch einen rituellen Kuss (die Frauen auf die Genitalien, die Männer auf das Gesäß) Teufelstaufe der Initianden (Neulinge) Beichte über alles das, was die Hexen an Bösem nicht getan haben, Schwarze Messe (Pervertierung der römischen Messlithurgie: statt weißem Brot wird eine aus Kot und Dreck gemischte Masse gereicht) Abendmahl (mehr oder weniger genussreich geschildertes Essen und Trinken) Herstellung von Giften, Verpflichtung zu weiteren bösen Taten Wilde Tänze und sexuelle Orgien: der Teufel sollte alle Hexen befriedigen, deshalb hatte er ein künstliches Glied. So lauten Aussagen der "Hexen" oft gleich: das Teufelsglied sei groß wie ein Ofengabelstiel, kalt wie Eis und die Vereinigung sei schmerzhaft gewesen.

 

Orte in Deutschland, an denen angeblich Hexensabbate stattgefunden haben sollen: Bodenerhebungen mit kahlem Gipfel, Bergmassive oder einzeln freistehende Berge. Dies waren z.B. der "Tanzplatz" über Heidelberg-Ziegelhausen, oder der "Brocken" im Harz. Die "Hexen" sollen auf Stöcken, Ofengabeln oder Besen, unter Zuhilfenahme von Hexensalben, dorthin geflogen sein. Hexensalben waren Salbengemische, die vor allem aus Nachtschattengewächsen zusammengestellt waren. (siehe Stechapfel) Ort und Zeit des Hexensabbats stehen in uralter religiöser Tradition, die wahrscheinlich bis in die voragrarische Kulturstufe zurückreicht. Die Walpurgisnacht (die Nacht vor dem 1. Mai) war die Zeit für Vegetationsriten, die Nacht vor dem 1. November war mit einem Erntedankfest verbunden, die Nacht vor dem 2. Februar hatte wegen Lichtmess besondere Bedeutung.)

 

 

In Gewahrsam genommen wurden Verfolgte oft auf bloße Gerüchte hin, nach Aussagen von neidischen Nachbarn oder Konkurrenten; wegen Besagungen durch selbst Angeklagte, denen deren Namen von den Richtern oft vorgegeben wurden; oder aufgrund Aussagen kleiner Kinder (nachgewiesen z.B. aufgrund der Aussage eines vierjährigen Kindes)

 

 

Einschub: Wo, wer, warum, wann:

 

In Hessen; Genauer: Idstein

 

Katharina Häuser, genannt die Wiesenfrau, etwa 60 Jahre alt. Eva Heinemann, genannt die Rothköpfin, 60 Jahre alt. Beide hingerichtet am 03. Februar 1676. Anna Schäfer, genannt das Burgännchen von Neuhof, über 70 Jahre alt. Hingerichtet am 23. Juni 1676. Sie zählten zu den "alten" Frauen; "vollends nutzlos", da nicht mehr gebärfähig.

 

Wehrheim

Frauen, weil das Dorf gebrannt hatte

 

Büdingen

Frauen, wegen Unwetter und Missernten

 

Seulberg

Die schwarze Kathrein, die Müller Els, der Trompeter Johann, und zehn andere Männer

 

Homburg (heute Bad Homburg vor der Höhe):

Insgesamt etwa 100 Hingerichtete aus dem Amt Homburg, zu dem Seulberg gehörte.

 

 

Mal näher hingesehen: Die Bäcker-Anna, wurde am 04. November 1653 auf dem Platzenberg in Homburg hingerichtet. Ihre Geschichte: Bäcker-Anna, Reitzen Schweinhardens zu Seulberg, Hausfrau, verurteilt wegen Zauberei und Teufelsbuhlschaft. Am 01. November 1653, drei Tage vor der Hinrichtung, gesteht Anna in ihrer, insgesamt 23 Punkte umfassende "Urgicht", dass sie dem höchsten Gott im Himmel abgesagt und dem Teufel zugeschworen, sein zu sein und zu bleiben! Was bei diesem Geständnis Wahrheit oder unter Folter ausgepresste Aussagen sind, ist nicht nachweisbar. Verschiedene Punkte aus ihrem "Geständnis":

 

* Wahr, dass sie mit dem Teufel unnatürliche Unzucht und Hurerei getrieben, wie sie den Beischlaf befunden? respondit: Ganz kalt, hätte ihr wehe getan.

 

*Wahr, dass sie auf teuflische Hexentänze gefahren, auch bei deren wöchentlichen Zusammenkünften mitgewesen. (Nacht von Donnerstag auf Freitag: Merke: der Donnerstag wurde nach dem germanischen Wettergott Donar, nordgermanisch Thor und der Freitag nach der Muttergöttin Freya, die für alle weiblichen Tugenden und Fertigkeiten zuständig war, benannt.) 

 

* Wahr, dass sie auf die Hexentänze nebst anderen hexen in der Nachbarschaft das Essen und Trinken mit holen helfen. (Merke: Liebe, Tanz, Essen und Trinken wurde von den Richtern und Henkern als unnatürlich angesehen, das Natürliche, das Entfesselte schoben sie dem Teufel zu, und den Verbündeten des Teufels: den Frauen) 

 

* Wahr, dass sie Johann Heinrich Filtzen, einen Buben zu Seulberg verlähmen helfen, nämlich sie hat in die Haustür schwellen Gift gelegt, worüber der Bube gegangen und lahm worden. * Wahr, dass sie ... vorm Jahr die Erlenbacher weide mit Gift verderbt, wovon einem Leineweber daselbst eine Kuh gestorben.

 

 

Den Angeklagten wurde kein Verteidiger beigegeben, es sei denn, er war von den Richtern ausgewählt. Anwälte, die sich zu sehr für die Verfolgten einsetzten, wurden selbst der Hexerei verdächtigt ("Zugewandte"). Als Zeugen wurden nur Belastungszeugen zugelassen. Von den meisten Prozessen sind keine Protokolle erhalten, oft wurden gar keine geführt. Manchmal können Namen von Hingerichteten aus Kostenabrechnungen oder Gerichtsverzeichnissen entnommen werden. 

 

Der sogenannte "Hexenwahn" erreichte im späten 15. Jahrhundert, zu Anfang des 16. Jahrhunderts, also zu Ende des Zeitalters des Feudalismus und zu Beginn des Aufklärungszeitalters, erschreckende Ausmaße. In Deutschland, Italien und anderen kleineren Ländern wurden Abertausende hingerichtet - gewöhnlich bei lebendigem Leibe auf dem Scheiterhaufen verbrannt, als Gnadenerweis galt, wenn das Opfer bereits vor der Verbrennung erdrosselt bzw. erwürgt wurde. Der Feuertod sollte die gereinigte Seele der Hexe in den Himmel eingehen lassen. 

 

Mitte des 16. Jahrhunderts dehnte sich der Feldzug auf Frankreich und schließlich auf England aus. Ein Chronist schätzt die Zahl der Hinrichtungen in bestimmten deutschen Städten auf 600 im Jahr oder zwei pro Tag "mit Ausnahme der Sonntage". 900 Hexen wurden innerhalb eines Jahres im Raum Wertzberg umgebracht. In zwei Dörfern des Bistums Trier blieb im Jahr 1585 nur je eine weibliche Einwohnerin am Leben. Massenverfolgungen lassen sich im heutigen Süd-, Mittel- und Westdeutschland nachweisen:

 

In Kurtrier, im Herzogentum Westfalen, in Minden, in Schaumburg, in der Harzgegend, in den anhaltischen und sächsischen Fürstentümern, in Bamberg, in Eichstätt, in Augsburg, in Lothringen und in der Alpenregion.

 

Um die Jahre 1590, 1630 und 1660 sind Höhepunkte (innerhalb von "Wellen") beobachtbar. Die Zahl der zum Feuertod verurteilten "Hexen", allein für den deutschen Bereich, liegen nach Schätzungen zwischen 100.000 und 500.000.

 

Etwa 85 % aller Hingerichteten waren weiblichen Geschlechts: Mädchen, junge und "alte" Frauen. "Alt" waren Frauen schon, wenn sie über 40 Jahre alt waren. Sie waren meist verwitwet oder alleinstehend und galten aufgrund dessen als Belastung für die übrige Bevölkerung.

 

Die restlichen 15 % der Opfer waren Männer, welche die "Zugewandten" genannt wurden.

 

Die erbittertsten Hexenverfolgungen fallen zeitlich und örtlich mit Zeiten großen sozialen Umbruchs zusammen. Es kam z.B. zu Massenaufständen, Verschwörungen der Bauern, Bauernrevolten, die oft von Frauen angeführt wurden, den Anfängen des Kapitalismus, Inflationen, Nahrungsmittelknappheiten, Religionskriegen (katholisch ebenso wie protestantisch), dem Beginn der Aufklärung und der Zunahme der homöopathischen Kenntnisse.

 

Die letzten Massenverfolgungen und Massenprozesse fanden 1680 statt, die letzte Hinrichtung fand in Deutschland 1775 statt. Die Hexenverfolgungen führten zwar nicht zur totalen Ausrottung der Heilkundigen, vor Allem nicht in den unteren Schichten, aber sie brandmarkten sie als abergläubisch und möglicherweise böswillig. So konnten die männlichen Ärzte im 17. und 18. Jahrhundert auch die letzte Domäne der heilkundigen Frauen: die Geburtshilfe, übernehmen.

 

 

In der alten Volksmedizin hatten die Frauen eine feste Position. Als diese "Wissenschaft" fast zerstört war, gab es für Frauen auch sonst keinen Platz mehr in der Gesellschaft des öffentlichen Lebens, es sei denn, in der Position der Pflegenden, eben in einer dienenden Rolle. Heute, im 20. Jahrhundert stehen die Pflegenden jeden Dienstgrades immer noch in diesem Dienstbotenverhältnis zu den Ärzten.

 

Das Klischee der Pflege änderte sich im Wandel der Zeiten immer gerade so, wie es der jeweils männliche Vorteil forderte. Dazu ein Ausspruch von "Cato der Ältere", aus dem Jahre 200 v.Z., den er seinen römischen Mitmännern als Ermahnung zugedachte:

 

"Erinnert euch all der Gesetze, mit denen unsere Vorfahren die Freiheit der Frauen gebunden, durch die sie die Weiber der Macht der Männer gebeugt haben... Sobald sie uns gleichgestellt sind, sind sie uns überlegen."

 

Die Pflege ist heute nur noch die Auslagerung der Frauen- und Mutterrolle auf den Arbeitsplatz. Wie früher stehen wichtige Interessen auf dem Spiel:

 

- die politische und wirtschaftliche Monopolisierung der Medizin bedeutet immer noch Kontrolle über ihre Institutionen, ihre Theorie und Praxis, ihren Profit und ihr Prestige.


- die Macht, bestimmen zu können, wer leben und wer sterben darf, wer fruchtbar und wer unfruchtbar ist, wer "verrückt" und wer "normal" ist.

 

 

 


Was von den "Hexen" geblieben ist


* In manchen Städten, z.B. in Bad Homburg vor der Höhe, wurden Hexentürme unter Denkmalschutz gestellt,


* in Gelnhausen steht ein Denkmal für die Opfer der Hexenprozesse,


* in Bad Oldesloe gibt es drei, nach Hexen benannte Straßen,


* seit Ende der 70er Jahre im 20. Jahrhundert gibt es die Frauenbewegung, deren Leitbild die "Hexe" ist.


* das "umfangreichste" Archiv über Hexenverfolgung lagert in Polen. Es wurde unter einem Sonderkommando im Nationalsozialismus des Dritten Reiches als Anleitungsressourcen zur Judenvernichtung angelegt.


* Weitere Archive sind z.B. in Frankreich zu finden.


Quellenangaben: Gerd Bauer: Geheimnisvolles Hessen Claudia Bischoff: Frauen in der Krankenpflege Barbara Ehrenreich und Deirdre English: Hexen, Hebammen und Krankenschwestern Bürgermeister Feigen: Geschichte der Stadt Bad Homburg vor der Höhe, Ausgaben 1911 und 1921 Thomas Hauschild: Die alten und die neuen Hexen Evelyn Heinemann: Hexen und Hexenangst Jean-Michel Sallmann: Hexensabbat Dagmar Scherf: Der Teufel und das Weib Gerhard Schormann: Hexenprozesse in Deutschland Heidi Staschen: Verraten, verteufelt, verbrannt Liste ist unvollständig, wird noch komplettiert... Artikel aus der Frankfurter Rundschau 5 Dienstag, 4. Juli 1995, Nr. 152 Seite VI von Nicole Schmidt

 

 

 


GELNHAUSEN.


Elisabeth Strupp wurde mit dem Schwert hingerichtet. Das war eine Gnade. Wäre die Schwiegertochter des Reformators in Gelnhausen niedrigeren Standes gewesen, das Volk hätte sie auf dem Scheiterhaufen am Escher verbrennen sehen. Denn die Witwe wurde im Jahre 1599 der Hexerei beschuldigt und überführt.


Das hatte alles seine damalige Ordnung: Ihr Geständnis ist feinsäuberlich im Stadtbuch festgehalten. Sie gab vor den Inquisitoren im Rathaus zu, "dass sie eine Zauberin sei" und von der "alten hingerichteten Breydenbacherin" gelernt habe, auch sei sie" vom Satan in bunten Kleidern zum Schornstein hinaus in eine Wildnis" gebracht worden, in der sie Gott verleugnen und dem Satan habe "zusagen" müssen. Diese für verschollen gehaltenen Original-Dokumente hat ein Arbeitskreis des Frauen-Zentrums Gelnhausens im Marburger Staats-Archiv wieder ausfindig gemacht. Sie sind eine der Grundlagen für ihre systematische Aufarbeitung der Hexenverfolgung in Gelnhausen, die auf den bisherigen Ergebnissen der Heimatforschung aufbaut.


Warum nun ausgerechnet die ehrbare Wittfrau Elisabeth Strupp als Hexe galt, wird allerdings wohl nie ans Licht kommen. Um ihr Leben ranken sich Legenden, die im vergangenen Jahrhundert aufgeschrieben wurden. Sie sei eine mutige Frau gewesen. Täglich sei sie zu dem Turm gegangen, wo die Hexen unten im Verließ auf ihre Folterer warteten, hätte ihnen Brot und rote Rosen gebracht. Angeblich stahl sie Kirchensilber und sei deshalb denunziert worden. In Wirklichkeit aber haben der Kirchendiener und sein Kumpan den Schatz geraubt.


Als Hexe bezichtigt hat sie - das ist wiederum belegt - ausgerechnet die Frau, der sie angeblich die Blumen ins Verlies brachte: Barbara Scherer. Schrie diese unter der schrecklichen Folter in ihrer höchsten Not einfach den Namen ihrer Freundin, weil er ihr halb von Sinnen am ehesten einfiel, wurde er ihr zwangssouffliert und sie sagte zu allem nur noch ja, damit die Schmerzen endlich ein Ende hätten? Gab es da noch alte Rechnungen aus Neid und Missgunst zu begleichen oder regte sich in ihr der Aberglaube?

 


Jedenfalls lassen sich die Gründe für das Ausdeuten von Hexen nicht einfach damit erklären, dass es Kräuterfrauen oder Hebammen waren. Gerade in Gelnhausen gab es zu jener Zeit schon einen Stadtarzt, der die Heilkunde beherrschte. Es galten auch schon die Frauen verdächtig, die reich verwitwet waren, alleine lebten oder einfach stärker, irgendwie anders, waren. Doch es traf genauso die ganz normalen Bürgerinnen.


"Nach unseren Ergebnissen zog sich die Hexenverfolgung in Gelnhausen durch alle Schichten und Altersklassen", sagt Margret Schulz, die zusammen mit Anita Losch ihre bisherigen Recherchen in einer Ausstellung anlässlich der 825-Jahr-Feier im Hexenturm zusammengefasst hat.


Unter den 43 Frauen und den zwei Männern - so der jetzige Stand - , die dem Wahn zum Opfer fielen, ist die Tagelöhnerwitwe genauso zu finden wie ledige Magd, die Witwe des Bürgermeisters, Frau Ratsherr, die Witwe des Pfarrers. Die Hausfrau Anna Petermann wurde im Jahre 1584 unter dem Vorwand hingerichtet, sie habe "zauberisch gehandelt", sie habe zum Beispiel "Conradt Zieglers Hausfrau mit einer vergifteten Lattwerg getötet und auch sonst an ihrem Leib Schaden zugefügt". Dies habe sie alles "freiwillig und außerhalb aller peinlichen Frag ausgesagt", steht im Stadtbuch zu lesen.


Warum weit mehr Frauen als Männer verfolgt wurden, dafür gibt der Reformator Luther folgende Erklärung: "Warum nennt das Gesetz hier eher Frauen als Männer, obwohl doch auch Männer dagegen verstoßen? Weil Frauen mehr als jene der Superstition (dem Aberglauben) unterworfen sind. Wie Eva. Der Volksmund nennt die Frauen Weisen." Damit hatte sich auch Luther, der an anderer Stelle die Frau "geehrt und nicht verachtet haben will", dem Zeitgeist angepasst.


Deutlicher hatte das der Hexenhammer ausgedrückt, der Ende des 15. Jahrhunderts die Verfolgung von Frauen einleitete: "Frauen sind von Natur aus unvollkommener und leichtgläubiger". Außerdem treibe die "sexuelle Unersättlichkeit die Frauen zur Teufelsbuhlschaft". Die Hexen müssten getötet werden "nicht durch das Schwert, wie die Zauberer, sondern sie sollten verbrannt werden", forderten die beiden Urheber, Dominikanermönche.


Die Kirche hatte zwar den Nährboden für den Hexenwahn gelegt, die Prozesse selbst aber recht schnell an die weltlichen Gerichte abgegeben. Immer wenn sich nun Außergewöhnliches ereignete, konnte man sich auf jenen Wahn beziehen, Sündenböcke ausgucken. In Gelnhausen zog die Hexenverfolgung in Zeiten von Pest, Hungersnot, Kälteeinbruch, der die Ernte zerstörte, und dem 30jährigen Krieg an. So lassen sich drei und nicht wie bisher angenommen zwei Verfolgungswellen ablesen, haben die beiden Frauen herausgefunden. Die erste setzte schon 1574 ein, wie sich aus einem Schriftverkehr des Stadtschreibers Melchisedeck Ortt an den Landgrafen zu Kassel ergibt. Darin berichtet er, dass eine Hexe umgebracht, eine andere bei der Folter zerrissen, fünf wieder freigelassen würden. "Also wissen wir, dass die Hexenverfolgung früher einsetzte, als bisher bekannt war", sagt Anita Losch.

 


Leere Seiten im Stadtbuch


Die zweite Verfolgungswelle zog sich von 1584 bis 1599 und war unter dem Hexen-Fanatiker Schultheiß Koch besonders grausam. Manchmal saßen drei Frauen zugleich im dunklen Verließ des Hexenturms ohne Fenster und Türen auf dem nackten Boden.


"Merkwürdigerweise finden sich in dieser Zeit zwölf leere Seiten in dem Stadtbuch. Es gab also weitere Opfer als die bisher unter Koch bekannten", vermuten die beiden Geschichtsforscherinnen.


Ab 1633 setzte dann die dritte belegbare Welle der Verfolgungsjagd ein. Aber was war dazwischen? 1618 begann der 30jährige Krieg, wieder eine Zeit der Wirren. Und in der Tat: "Wir haben Unterlagen gefunden, in denen die Gelnhäuser Bürgerschaft den moderaten Frankfurter Rat zweimal anschrieb, die Verfolgung sei zu gelinde. Da muss noch mehr gewesen sein". Das wollen die beiden nun herausfinden und weiter nach Quellen suchen.


Neue Hinweise haben sie bei Geschichtsforscher Walter Niess entdeckt: Der Rat von Gelnhausen hat sich noch 1663 an den Grafen von Ysenburg zu Büdingen gewandt und um Amtshilfe in Sachen Hexenverfolgung gebeten. Die Amtshilfe könnte Erfolg gehabt haben: Büdinger Frauen hatten unter der Folter gestanden, dass sie in der Walpurgisnacht gemeinsam mit Gelnhäuser Hexen "unter den Gelnhäuser Tannen" ihren Sabbat gefeiert hätten.

 

 

© 2003 Hexen von Paranormal.de

Design by Trinitie