Engel
Oh wüßtest du, wie sehr dein Antlitz sich verändert, wenn du mitten in dem Blick, dem stillen, reinen, der dich mir vereint, dich innerlich verlierst und von mir kehrst! Wie eine Landschaft, die noch eben hell, bewölkt es sich und schließt mich von dir aus. Dann warte ich. Dann warte schweigend ich oft lange. Und wär ich ein Mensch wie du, mich tötete verschmähter Liebe Pein. So aber gab unendliche Geduld der Vater mir und unerschütterlich erwarte ich dich, wann immer du kommst. Und diesen sanften Vorwurf selber nimm als Vorwurf nicht, als keusche Botschaft nur. (C. Morgenstern) |
Quelle: "Engel",Heft 23, Flensburger Hefte-Verlagsgesellschaft W.Weinrauch & Partner GbR, Flensburg 1988 In der Welt, die wir mit den
Sinnen erreichen, entdecken wir die verschiedensten Formen
und Wesenheiten: tote mineralische Gegenstände in ihrer
vielfältigen Ausgestaltung in der Natur und Technik
sowie lebendige Wesenheiten in der Pflanzenwelt, die
Wesenswelt der Tiere, die sich auf seelische Weise äußern
kann, und schließlich uns Menschen, die sich durch die Fähigkeiten
und Ausdrucksformen ihres Geistes miteinander austauschen
können. Alle vier Reiche - Mineral, Pflanze, Tier,
Mensch haben eines gemeinsam: sie sind mit den
Sinnesorganen auszumachen, weil ein Teil ihres Wesengefüges
aus dieser Sinneswelt besteht. Im Gegensatz zu diesen
sinnlichen Wesen ist der Engel ein übersinnliches Wesen.
Was bedeutet das? Bleibt nur noch die Frage ob das in unser heutigen Gesellschaft überhaupt noch möglich ist. Viele Reinkarnationen können doch in einer Welt mit Verhütungsmitteln, Entscheidungen und Abtreibungen gar nicht mehr schicksalsgemäß stattfinden, wenn unser Schicksal vor der Geburt schon fest steht und sogar unsere Eltern schon lange ausgesucht sind... |
Ein Engelwesen, daß der himmlischen, lichten Sphäre angehört, ist fern allen Leidens, denn die dunklen Kräfte können ihm solches nicht verursachen. Wohl sieht er das Leid der Menschen und es erfaßt ihn großes Mitleid und Liebe zu diesen, jedoch Eigenerfahrung hat er keine. Aus Mangel an Entbehrungen und Leid ist es sozusagen verweichlicht. So wird der Engel sich Inkanieren und ein Leben in Leid und Not auf sich nehmen, und mitunter so lange darunter zusammenbrechen, bis er es zu tragen gelernt hat. Dann kann er seinen Weg der Selbstverwirklichung fortsetzen - bis er das Bewußtsein verwirklicht hat - das Leid nicht mehr von außen zu sehen, sondern in und mit dem Wesen zu leben und ihr Schicksal nicht mehr als Beobachter wahrzunehmen. |